Beten im Stephansdom – der Satire zweiter Teil

Beten im Stephansdom – der Satire zweiter Teil

Die erste Verhandlung gegen die Domfrevlerin war ja gescheitert. Irgendwas mit den Zeugenladungen hat nicht hingehaut. Also jetzt noch einmal, zweiter Anlauf. Von den Zeugen waren drei Polizisten da, sonst keiner, vielleicht eine prozessuale Nichtigkeit, vielleicht aber auch nicht. Verurteilen geht ja wahrscheinlich auch ohne den Dompfarrer. Gelobt sei Jesus Christus!

Die Beschuldigte Gisela Rott saß auf der Anklagebank. Allein. Macht aber nichts. Eine einfache und pflegeleichte Angeklagte war sie ja beileibe nicht, aber wenn man heutzutage bei uns schon wegen Beten ohne Maske bestraft werden soll, versteht man schon einiges. Wenn man nämlich in einer Kirche randaliert und Bänke zerstört, passiert nichts, überhaupt nichts, natürlich nur dann, wenn man ein Mohammedaner wäre. Die Religionen sind ja nicht gleich. Es gibt ja bessere und weniger gute. Das sollten wir schön langsam wissen. Und was das Randalieren in einer Moschee betrifft – hat noch keiner ausprobiert. Bei uns nicht seit den Kreuzzügen.

Am 26. November ging also der zweite Teil der Satire über die Bühne. Ein Riesen-Aufgebot seitens der Justiz: ein Richter, eine Rechtspraktikantin, eine Schriftführerin und noch ein paar Mitaufpasser. Gewaltig. Der Herr Rat hat sich wirklich bemüht und die schwierige Verhandlung einigermaßen souverän geleitet. Was er selber von der Kasperliade gehalten hat, durfte er nicht sagen, hat es sich auch nicht anmerken lassen. Wie gesagt – souverän.

Nach dem ersten Zeugen bin ich dann gegangen. Je länger es dauert, desto weniger halte ich die heutige Justiz aus. Eine Justiz, die alte betende Frauen anklagt und junge randalierende Mohammedaner unbehelligt läßt, das ist nicht mehr meine Justiz, der ich immerhin mehr als 60 Jahre gedient habe.

P.S.: Ich diene ja noch immer. Einmal Jurist, immer Jurist. Man vergißt manches nicht. Leider.

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